
Man könnte vielleicht auch sagen Nach müde kommt albern oder Nach müde kommt lustig. Kennst du dieses Sprichwort? Ich kenne auf jeden Fall das, was es aussagt und zwar nur all zu gut. Wenn man gegen die sich breitmachende Müdigkeit am Abend ankämpft – weil man beispielsweise auf einem Geburtstag ist und noch nicht gehen möchte – bis man sie überwunden hat, und sich dann fühlt wie leicht angeduselt. Alles ist irgendwie witzig, man kriegt nichts mehr so richtig auf die Reihe und ist aber auch gar nicht böse drum. Es macht sich so ein Gefühl von Schwerelosigkeit breit.
Vor ein paar Wochen hatte ich so eine Phase, da ging es mir genau so. Die Müdigkeit, die ich bekämpft und überwunden hatte war nicht die eines Abends sondern die von mehreren Monaten. Nämlich die der ersten Monate mit Kind. Schlaflose Nächte, durchbrechende Zähne, die ersten Krankheitswellen und und und…Nun war die Müdigkeit zwar überwunden, ich habe mich deshalb aber nicht fit und bei Kräften gefühlt, sondern ein bisschen so wie oben beschrieben: Ich habe mich in einem Zustand wiedergefunden, in dem man alles nicht mehr ganz so eng sieht, man toleranter geworden ist und lieber gleich über die Dinge lacht, über die man keine Energie mehr hat sich aufzuregen.
Der Mole hat in den letzten Wochen einen richtigen Schub hingelegt. Er versteht jetzt, dass manche Behälter einen Deckel haben und verpasst nun keine Gelegenheit mehr, sämtliche Oliven-, Aufstrich- und Marmeladengläser mit ihren Deckeln auszustatten. Er versteht, dass man kleinere Dinge und Gegenstände in Gläser, Tassen, Schüsseln, Töpfe oder Eimer reischmeißen kann, sodass mein Kaffe in letzter Zeit häufiger mit Heidelbeeren angereichert wird oder mein Wasserglas zum Schwimmbecken für Gurkenstückchen, Oliven oder Weintrauben umfunktioniert wird.
Außerdem hat der kleine Mann gelernt, dass er sein Wasser nicht nur trinken, sondern auch über den ganzen Tisch gießen kann. Wie toll sich das Wasser mit den bloßen Händen weiter über den Tisch verteilen lässt und wie herrlich es in alle Richtungen spritzt und tropft, wenn die Hände schwungvoll auf den nassen Tisch krachen lässt.
Als wäre das nicht noch genug, hat er herausgefunden, dass er auf seinem TrippTrapp nicht nur sitzen, sondern auch wunderbar stehen kann, am liebsten auf der oberen Stufe, wild mit den Armen wedelnd und freudestrahlend. Sowieso tut er all diese Dinge mit größter Konzentration, mit einem verschmitzten Grinsen auf dem Gesicht und voller Freunde. Manchmal sogar mit einem richtig beherzten lauten Lachen.
Und auch wenn mir bei manchen dieser Aktion das Herz in die Hose rutscht und ich mich gerade zu erschrecke, wie furchtlos mein Sohn ist, kann ich oft nicht anders als mitzulachen. Nicht nur, dass ich einfach nicht mehr die Energie habe, mich aufzuregen, sondern auch, dass dieses breite Grinsen mein Herz erwärmt und ich merke, wie unglaublich gern ich dieses kleine Menschlein habe.
Dann ist eben alles nass und dann fliegt eben mal das Essen durch die Gegend. Aber diesen kleinen Kerl so stolz und fröhlich zu sehen, mag ich mir doch nicht entgehen lassen.
Und hatte ich mir nicht ganz am Anfang meiner mütterlichen Laufbahn einmal vorgenommen, jeden Augenblick zu genießen? Auch die anstrengenden Tage?! Die Zeit vergeht so schnell, die Kleinen werden so schnell groß und ruck zuck werde ich mir wünschen, ich dürfte sein kleines Ich nochmal durchs Wohnzimmer tragen, ihn trösten, ihm zusehen, wie er freudestrahlend seine Hände auf den mit Wasser gefluteten Esstisch platscht und sich vor Lachen nicht mehr halten kann.
Und wenn ich dann nachts um drei mit meinen beiden Männern in der Küche auf unserem Küchensofa sitze, der Kleine hängt gemütlich eingekuschelt auf meinem Schoß und nuckelt im Halbschlaf an seiner warmen Milch, während mein Lieblingsmann mir begeistert von den Errungenschaften des Vorabends erzählt, weil sich beim Nachwuchs gerade die Eckzähne durchkämpfen, dann macht sich innerlich ein Schmunzeln breit. Denn auch wenn sich der Schlafmangel am nächsten Tag bemerkbar machen wird, kann ich mein Glück kaum fassen. +++